Echte Cowboys by Stephan Knösel

Echte Cowboys by Stephan Knösel

Autor:Stephan Knösel [Knösel, Stephan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jugendroman
ISBN: 9783407742889
Herausgeber: Beltz & Gelberg
veröffentlicht: 2010-05-09T22:00:00+00:00


16

Das Display seines Handys zeigte Rufnummer unterdrückt an. Berger machte einen Schritt über die Glasscherben hinweg und ging dann raus auf den Balkon.

Es war Cosmo, und er kam gleich zur Sache: »Ist sie tot?«

Wahrscheinlich rief er aus einer Telefonzelle an. »Wo bist du, Cosmo?«, fragte Berger.

Keine Antwort. Er musste auf Zeit spielen. »Du lässt mich ganz schön alt aussehen, schon das zweite Mal jetzt. Ich sollte mir langsam ’n neuen Job suchen.«

Aber Cosmo ließ sich nicht einwickeln. »Ist sie tot?«

»Sag mir, wo du bist, ich hol dich ab und wir reden in Ruhe.«

»Worüber?«

»Ich will dir helfen, Cosmo.«

»Sie wollen mich ins Heim bringen.«

»Hast du ’ne bessere Idee? Dann lass uns darüber sprechen. Unter vier Augen.«

»Krieg ich dann auch ’ne Tafel Schokolade?«

»Ich spendier dir sogar ’ne Pizza.«

»Wenn Sie mir helfen wollen, lassen Sie mich in Ruhe.«

»Das geht nicht.«

»Es ist ganz einfach, Sie müssen nur nichts tun, das ist alles.«

»Du kannst nicht davonlaufen, Cosmo. Nicht ewig. Wenn’s draußen kälter wird, wirst du wissen, was ich meine.«

»Ich schreib Ihnen ’ne Karte, wenn’s mich friert. Dann wird mir sicher wieder warm ums Herz. Ist sie tot?«

»Wer ist dein Freund, Cosmo? Ich dachte, du hast keine Freunde.« Einen Versuch war es wert.

Aber der Junge ließ sich auch nicht provozieren. Berger gab es auf. »Ja, sie ist tot.« Er wollte noch sagen, dass es ihm leidtue, aber Cosmo hatte schon aufgelegt.

Von der Telefonzelle am Lochhamer Bahnhof aus kletterten sie über den Drahtzaun und die Böschung hoch zurück auf die Gleise. Cosmo zerriss Bergers Visitenkarte und warf die Papierfetzen ins Gebüsch. Er spürte, dass Tom etwas sagen wollte, aber anscheinend nicht wusste, wie. Ihm selbst wäre auch nichts eingefallen. Trotzdem war es ein Trost, dass er in diesem Augenblick nicht allein war. Das würde er früh genug wieder sein. Wenn der Bulle sein Zimmer durchsuchte, würde er die Jahrgangsfotos finden und Toms Gesicht darauf wiedererkennen und irgendwann bei Tom auf der Matte stehen. Cosmo gab sich höchstens noch eine Nacht, bevor er wieder verschwinden musste. Tom sagte er davon nichts.

Eine halbe Stunde später in Toms Garten fühlte er sich völlig leer im Kopf. Tom war im Haus verschwunden und Cosmo saß auf einem alten Gartenstuhl vor einem Tisch mit rostigen Tischbeinen. Er hatte Schuhe und Socken ausgezogen und unter seinen Füßen spürte er die Risse in den Steinplatten und das Unkraut dazwischen. Es war eine seltsame Stimmung. Ein Leuchtkäfer schwebte durch die Dunkelheit. Die Grillen um ihn herum waren unsichtbar, aber so laut, als hockten sie auf seiner Schulter. Vielleicht hatte sie jetzt ihren Frieden, wenigstens das. Sie war ihm wie auf der Flucht vorgekommen in den letzten zwei Jahren. Nur wenn sie trank, wurde sie ruhiger – bis sie zu viel getrunken hatte jedenfalls. Dann wurde sie ausfallend. Leckt mich doch alle! Manchmal saß sie auch da mit nasser Hose, aber nicht etwa, weil sie ein Glas verschüttet hatte, und wenn er sie darauf ansprach, schrie sie ihn an. Dann trank sie noch mehr und redete wirr, bis sie schließlich die Wörter nicht mehr rausbrachte. Und dann trank sie weiter, bis sie einschlief oder das Bewusstsein verlor, das war schwer zu unterscheiden.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.